Verschandelung unserer Muttesprache in der Philatelie, Nov. 06

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  • Ingobertus
    Registrierter Benutzer
    • 12.06.2003
    • 24

    #1

    Verschandelung unserer Muttesprache in der Philatelie, Nov. 06

    Da habe ich meinen Augen nicht getraut, nein das mußte ich mehrmals lesen. Steht doch in der neuesten Ausgabe unserer Mitgliederzeitung auf Seite 8 in der dritten Spalte, oberster Absatz: " Es schafft entscheidenden Vorteil -....- demjenigen gegenüber, der Bisheriges weniger gut erinnert oder...." und zwei Sätze weiter: "Denn was nicht gewußt wird, kann auch nicht erinnert werden."
    Bei erinnern handelt es sich um ein reflexives Verb (sich erinnern). Richtig muss es daher heißen: "...demjenigen gegenüber, der sich an Bisheriges weniger gut erinnern kann..." und "Denn an das was nicht gewußt wird, kann man sich auch nicht erinnern".
    Ich gehe davon aus, das es sich hier um einen Anglizismus handelt. Nicht klar ist mir, was dieses fehlerhafte Deutsch in unserer Zeitschrift soll. Die einzige Erklärung, die mir dazu einfällt ist das da jemand Minderwertigskeitsgefühle als Deutscher hat.
    Zuletzt geändert von Ingobertus; 30.10.2006, 15:44.
  • reichswolf
    Registrierter Benutzer
    • 22.06.2006
    • 776

    #2
    Also, meiner Meinung nach ist das absolut korrektes Deutsch. Ich bin sogar ziemlich sicher, eine ähnlich Konstruktuion mit dem Verb "erinnern" schon in der Literatur gefunden zu haben (ich glaube, Grass war's). Außerdem: Sprache ist etwas lebendiges, und wenn sich best. Leute das Recht herausnehmen, eine Rechtschreibreform vom Zaun zu brechen, die wirklich alles verschlimmert, dann kann doch ein Philatelie-Autor mit gutem Recht eine solche, wie ich finde sehr schöne (weil knapp und ohne Nebensatz auskommende) Konstruktion selbst dann mit Fug und recht benutzen, wenn sie eigentlich falsch wäre. Und wenn eine solche Konstruktion nur oft und lange (3 Monate) genug überregional im Schriftdeutsch gebraucht wird, wird sie automatisch "offiziell". Das gilt auch für Wortschöpfungen wie "unkaputtbar", die ja inzwischen auch abgesegnet wurden.
    Beste Grüße vom
    reichswolf

    PS: An alle Sprachschützer: hätte es euch schon immer gegeben, wir grunzten noch heute auf Bäumen vor uns hin

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    • Alfred Bulenz
      Registrierter Benutzer
      • 12.06.2003
      • 954

      #3
      ersten gebe ich Reichswolf recht. Zweitens ist "unsere" deutsche(???) Sprache voll mit Fremdwörtern - die kennt bloss keiner...

      Beispiele?

      Fenster -> fenestra (lat.)
      Pullover -> pull over (engl., überziehen)
      Rendezvous -> rendez vous (franz., trefft euch)

      und genauso haben andere sprachen ihre Lehnwörter!

      kindergarden (engl.)
      autobahn (engl.)

      also - wo ist das Problem? Jedes Volk ist mal irgendwann von irgendjemandem überfallen, besetzt, erobert... was auch immer - worden. Und da bleibt alles mögliche hängen. Und das jemand als Deutscher geboren wird, ist ein Zufall!

      Das hat nichts mit Minderwertigkeits"komplexen" (lateinisch -> verwandt aus Komplize) zu tun, sondern ist so!

      Meine Genealogie? Opa/Oma väterlich aus Ukraine, Opa/Oma mütterlich aus Rheinland, Eltern Sauerländer, ich jetzt Schwabe auf der badischen Grenze mit einer Frau aus dem Ruhrgebiet, deren Eltern aus dem Raum Aachen stammen mit franz. Quellen. Somit bin ich was für ein Deutscher?
      ...wir bringens rüber

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      • abrixas
        Extra Bavariam nulla vita
        • 08.09.2004
        • 1839

        #4
        Noch eins!

        Zitat von crantsch
        Beispiele?

        Fenster -> fenestra (lat.)
        Pullover -> pull over (engl., überziehen)
        Rendezvous -> rendez vous (franz., trefft euch)
        Fisimatenten -> Visitez ma tente! (franz.)
        Aufforderung der französischen Besatzungssoldaten in der Napoleonischen Zeit an die deutschen Mädels. Und deren Eltern mahnten: Mach mir keine Fisimatenten!

        Aus einem anderem Forum habe ich eine ähnliche Erklärung er-google-t:

        Zur Zeit der Französischen Besetzung des Rheinlandes luden die Soldaten die Mädchen aus der Umgebung ein: "voudrais-tu visiter ma tente?" (Möchtest Du mein Zelt besichtigen?). Die besorgten Eltern waren sich über die Zielsetzung solcher Einladungen im klaren und machten ihren Töchtern daher klar, dass sie sich auf keine "Fisimatenten" einlassen sollten.

        Wenn ich mich an meinen Französisch-Unterricht erinnere, hätte es "voudrais-vous.." heißen, oder waren es unhöfliche Soldaten?
        Kann schon sein. Schluss jetzt - ich schweife ab!
        Finit!

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        • Dirk Bake
          Deutschland-gest.-Sammler
          • 04.07.2003
          • 1686

          #5
          Sehr unterhaltsam, aber es geht ja im Startbeitrag nicht um Fremdwörter, sondern um einen ordentlichen Satzbau.

          Die angesprochene Dreimonatsfrist, nach der eine - nennen wir es vorsichtig - schräge Nutzung der Sprache einigermaßen unwidersprochen "durchgeht", macht mir Sorge. Demgemäß muss ich mich also an "zumindestens", "wegen dem", "gegenüberstehen" (statt "entgegenstehen") und ähnliche Schlampereien wirklich irgendwann gewöhnen? Von Germish und Unsinn wie "Das macht Sinn", "Verbrechen gegen die Menschlichkeit", "beschadet" (statt "beschädigt") und "Adminstration" (statt "Regierung") und dem unseligen Deppen-Apostroph ganz zu schweigen. Da kann ich mich nur schütteln. Für mich gilt die Erkenntnis wohl nicht "Man gewöhnt sich an allem, sogar am Dativ."
          Zuletzt geändert von Dirk Bake; 30.10.2006, 22:17.
          Haupt-Sammelgebiete: Deutschland lose gestempelt (von Altdeutschland bis Bund, nur nicht DDR). Spezialisierungen: Rollenmarken, Unterscheidung nach Fluoreszenz, Zusammendrucke. Weiteres Sammelgebiet: lose Einschreibzettel 1963 bis 1993 (auch Berlin). Kontakt bitte nicht via pn, sondern per Mail ( dirk . bake (bei) posteo . de ) .

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          • reichswolf
            Registrierter Benutzer
            • 22.06.2006
            • 776

            #6
            @Dirk Bake:
            Ganz so einfach ist das nicht. Es werden immer noch Texte zugrunde gelegt, die "tageszeitungs- bzw. tagesschaureif" sind (nicht Bild, eher FAZ, FR, Welt etc.), der Literatur entstammen u.ä. Außerdem habe ich ein wenig gemogelt, die Regel gilt für die Aufnahme einer Wortneuschöpfung in den Duden. Die genauen Aufnahmeregeln müßte ich allerdings auch erst mal ergoogeln (auch ein schönes Wort).
            Und wennste an dem Datif erstmahl gewönt bist ist stört er dir gah nich mer

            Kommentar

            • abrixas
              Extra Bavariam nulla vita
              • 08.09.2004
              • 1839

              #7
              Wo kommt's denn her?

              Zitat von Dirk Bake
              ......"Man gewöhnt sich an allem, sogar am Dativ."
              Wie würden jetzt unsere leistungsgerecht bezahlten Volksvertreter in Berlin dazu bemerken? "Ich anerkenne das!"

              Kommentar

              • Michael Lenke
                Administrator
                • 28.01.2006
                • 6915

                #8
                ... und jetzt behaupte noch jemand, Handy kommt aus der englischen Sprache. Ich möchte nicht wissen, wieviel Worte im Duden von Werbeheinis erfunden wurden.

                Eines dürfte aber sicher sein, wer versucht die Fachbegriffe spezieller Bereiche, die sich ländertypisch entwickelt haben, einzudeutschen, der wird das 2.Babylon erleben. Da kommt es nunmal auch dazu, dass Muttersprache und Fachsprache gemischt wird, weil eine Umsetzung in die Muttersprache keiner verstehen würde. Welches sind übrigens die größten Wörterbücher? Die Fachwörterbücher. Warum? Wohl wegen Zerknalltreibling und ähnlicher Versuche.

                ... und der Satzaufbau ... ach was, es lebe die Reinheit ... und feste Regeln gibt es nur, weil Lehrer Aufsätze korrigieren müssen. Was schert mich der Inhalt, wenn schon die Grammatik nicht stimmt.

                Mike
                Wehr fähler findet, daf si behaltn.
                Die Krakauer Aufdrucke von Polen 1919 - mit Schlitzohrparade.
                Prüfer und Experte des Polnischen Philatelistenverbandes (PZF)

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                • filamaxo
                  Registrierter Benutzer
                  • 29.01.2005
                  • 300

                  #9
                  So ists es!

                  Vrüher wuste ich nich, wie man Inschiniör schreibd.
                  Und hoite bin ich selbst einen.


                  Filamax

                  Kommentar

                  • Jens
                    Registrierter Benutzer
                    • 30.11.2003
                    • 543

                    #10
                    Hallo auch,

                    Zitat von crantsch
                    ... Zweitens ist "unsere" deutsche(???) Sprache voll mit Fremdwörtern - die kennt bloss keiner...

                    Beispiele?

                    Fenster -> fenestra (lat.)
                    ...
                    Das ist ein schönes Stichwort:
                    Window (Febster, von fenestra) ist ein schönes Beispiel für germanizismen in anderen Sprachen. Im russischen wimmelt es davon...


                    Gruß

                    Jens

                    Kommentar

                    • 1867
                      Registrierter Benutzer
                      • 19.03.2004
                      • 2054

                      #11
                      Ich bin sehr gerne bereit bei der Anzahl der von G.Hövelmann verfassten
                      Artikel, auch mal einen Lapsus durchgehen zu lassen.
                      Allerdings halte ich den Artikel für völlig in Ordnung.
                      Wer so verquer nicht denken kann, hat sicher ein Problem mit diesem
                      Absatz, deswegen aber den Autor an den Pranger stellen, halte ich für
                      ein wenig vermessen. Hövelmann ist einer der besten, egal ob DBZ, Philatelie
                      oder Briefmarkenspiegel. Er hat immer gute und sehr lehrreiche Artikel.
                      Ein Autor ohne den auch die Philatelie etwas verloren hätte!
                      Ich halte viel von ihm.
                      ... Literatur spricht viele Bände ...

                      Kommentar

                      • Michael Lenke
                        Administrator
                        • 28.01.2006
                        • 6915

                        #12
                        .. ach Leute, was soll es. Ich finde es toll , wenn mich ein(e) Sprachkundler(in) in die Pfanne haut, der/die den Inhalt nicht versteht, aber den kleinsten Kommafehler findet. Wenn man nichts wichtigeres kann/hat, muss man wohl darauf abfahren...

                        Mike
                        Wehr fähler findet, daf si behaltn.
                        Die Krakauer Aufdrucke von Polen 1919 - mit Schlitzohrparade.
                        Prüfer und Experte des Polnischen Philatelistenverbandes (PZF)

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                        • wi.kr
                          Registrierter Benutzer
                          • 20.08.2004
                          • 501

                          #13
                          Mir scheint, dass das Thema etwas für ausgemachte Zwiebelfischfans ist. Dort werden Sie geholfen!
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                          • Ingobertus
                            Registrierter Benutzer
                            • 12.06.2003
                            • 24

                            #14
                            Da haben manche nichts mitbekommen, um was es geht!

                            Hallo Herr Aleks, wenn ich Ihren letzten Beitrag richtig verstanden habe, sind Sie der Autor des Artikels in der Philatelie.
                            Unverständlich ist mir, wie Sie zu dem Schluß kommen, dass ich Ihren Artikel nicht verstanden habe. Der stellt doch nun wirklich keine nennenswerten Anforderungen an die intellektuellen Fähigkeiten des Lesers.
                            Mir geht es um die vielen Anglizismen, die heute unsere Sprache verschandeln und die von mir beanstandeten Sätze sind im Grunde genommen falsch ins Deutsche übersetzte Anglizismen. Auch wenn Sie Ihnen gefallen bleibt es falsches und damit schlechtes Deutsch!

                            Hier einmal ein Beispiel von Anglizismen, das schon fast lächerlich wirkt. Es geht um den 1.Kneipp-Jugend Kongreß am kommenden Wochenende in Berlin. Dort finden unter anderem folgende "Workshops" statt:
                            Video Clip Dancing,
                            Rope Skipping,
                            Wellness für Kinder,
                            Nordic Walking for Kids,
                            Fighting Kids,
                            Kin Ball.

                            Bleibt noch zu erwähnen, dass bei vielen erwachsenen Deutschen das Wort Kids negativ belastet ist (im Sinne von Straßenkindern).

                            Zurück zur Philathelie. Ich bin der Meinung, dass eine bundesweit verbreitete Zeitung auch eine Verpflichtung unserer Muttersprache gegenüber hat. Außerdem erweist sich dieses Medium, wenn es sich als Vorreiter für schlechtes Deutsch empfiehlt, keinen Gefallen.

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                            • Harald Krieg
                              Ostafrikasammler
                              • 27.06.2003
                              • 4789

                              #15
                              @Ingobertus

                              Ist der Artikel in der "philatelie" nicht von Gerd Hövelmann? Wie kommst Du dann darauf, dass "Aleks" der mit "Mike" unterschreibt der Autor ist?


                              Aleks wollte lediglich damit sagen, dass Du mit Gerd Hövelmann einen Sprachexperten kritisierst.

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