Prüferbund und Wettbewerb

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  • Altsax
    Registrierter Benutzer
    • 22.02.2008
    • 1497

    #1

    Prüferbund und Wettbewerb

    Wer Briefmarken kauft oder verkauft, kommt am Prüferbund nicht vorbei. Das gilt selbst für Sammler, deren Fachkenntnisse ausreichen, sich selbst ein fundiertes Urteil zu bilden. Spätestens dann, wenn zwischen Käufer und Verkäufer Differenzen hinsichtlich der Beurteilung auftreten, fungiert ein Verbandsprüfer als Schiedsrichter.

    Verbandsprüfer haben also ein faktisches Monopol. Das führt zwar in der Regel zu Preisen, die im Wettbewerb nicht zu erzielen wären, bietet aber prinzipiell den Vorteil der Unabhängigkeit, ist also der Neutralität des Urteils sehr förderlich.

    Im Umkehrschluß bedeutet das, daß Auftraggeber, die die Wahl zwischen mehreren Prüfern des selben Gebietes haben, mit einem gewissen Entgegenkommen als "Marketinginstrument" rechnen können. Solange dieses Entgegenkommen sich lediglich auf die Preisgestaltung bezieht, ist dagegen nichts einzuwenden.

    Leider ist immer häufiger zu beobachten, daß auch die Formulierungen in Attesten davon betroffen sind, sogar die Qualitätsbeschreibungen. Dabei geht es selbstverständlich nicht um bewußte krasse Fehlbeurteilungen wie nicht erwähnte Reparaturen. Gemeint sind Grenzfälle wie Reinigung, Eckbüge, vom Brief gelöste und wieder befestigte Marken etc. etc.

    Atteste, die Auftraggebern nicht gefallen, werden beim Verkauf dann nicht beigegeben, wenn ein "freundlicheres" vorgelegt werden kann. Der "strenge" (gemeint ist korrekte) Prüfer erhält im Zweifel weniger Aufträge. Teilweise wird auch versucht, seine Einschätzungen dadurch in Zweifel zu ziehen, daß man "gerüchteweise verbreitet", er wolle sich nur dadurch profilieren, daß er Fehler notiere, die nicht existierten.

    Problematisch ist auch die angeblich von den Käufern gewünschte Bezeichnung "einwandfrei", ohne die sich viele Marken nicht verkaufen ließen. Mag das bei modernem Material noch eindeutig bestimmbar sein, wird dieses Attribut bei klassischen Marken zweifelhaft. Ist eine geschnittene Marke noch einwandfrei, wenn sie einen Bug oder Riß weit außerhalb des Markenbildes aufweist? Wenn nein, wird sie es dann, wenn der Rand beschnitten wird, sodaß der Mangel verschwindet? Ist die Papierpore ein Mangel oder herstellungsbedingt?

    Dem Dilemma ist nicht beizukommen (wie angeblich geplant), indem man bei klassischem Material als "einwandfrei" auch Marken mit kleineren Fehlern bezeichnet.

    Das Problem liegt nach meiner Überzeugung im Denken in schwarz/weiß Kategorien, ähnlich wie bei diesem Postfrisch-Schwachsinn (winzige Gummimängel qualifizieren eine Marke als nicht mehr "postfrisch", nach Anbringung von u.U. mehreren Signaturen bleibt sie es aber).

    Warum kann man sich nicht in Befunden und Attesten auf eine objektive Beschreibung des Marken- bzw. Belegzustandes beschränken und auf jede Kategorisierung verzichten?

    Um die Beurteilungen objektiver zu machen, könnte man zwingend vorschreiben, zu bestimmten Fragen im Attest Stellung zu nehmen:

    Reparatur?
    Reinigung?
    Originalgummi?
    Bug?
    Riß?

    etc. Mit verstärkenden oder abschwächenden Zusätzen versehen, ergäbe sich auf diese Weise ein objektives Bild.

    Ein mündiger Sammler sollte selbst beurteilen können, ob ihn ein winziger Bug stört und nicht abwarten, ob eine "höhere Instanz" dazu "einwandfrei" urteilt oder nicht.

    Mich würde sehr interessieren, wie die Sammlerschaft darüber denkt. Die Meinung des Handels kann ich mir selbst vorstellen.

    Altsax
  • Jörg
    Registrierter Benutzer
    • 11.08.2005
    • 484

    #2
    Also ich finde: es gibt nur ein "einwandfrei". Da kann es dann kein "einwandfreieres" Stück zu geben. Und wenn es einen Einwand gibt (Bug, Riss, Gummifehler ...), dann ist ein Stück eben nicht mehr "einwandfrei".

    Ganz andere Fragen sind dann,
    1. ob ein Stück mit gewissen Mängeln nicht doch im vollen Sinne sammelwürdig ist (weil es eben kaum oder auch gar keine "einwandfreien" Exemplare davon gibt) und
    2. welchen Preisabschlag ein bestimmter Mangel bei einem konkreten Stück rechtfertigt (darüber kann man wohl lange diskutieren, nichtsdestotrotz wird der Markt jeweils einen Preis finden).


    Just my 2 cents.

    Kommentar

    • Altsax
      Registrierter Benutzer
      • 22.02.2008
      • 1497

      #3
      "Einwandfrei"

      [QUOTE=Jörg;60951]Also ich finde: es gibt nur ein "einwandfrei". Und wenn es einen Einwand gibt (Bug, Riss, Gummifehler ...), dann ist ein Stück eben nicht mehr "einwandfrei".[/LIST]



      Sprachlich ist diese Aussage korrekt. Das Problem liegt aber in der Definition von "Einwand".

      Wenn die Gerüchte aus dem Prüferbund stimmen, wird es bald im Bereich der Klassik weniger "Einwände" geben.

      Altsax

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